Monatsbrief September 2023

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Monatsbrief September 2023

 

"Ich ehre den Platz in dir,

in dem das gesamte Universum wohnt.

 Ich ehre den Platz in dir, wo,

wenn du dort bist und auch ich dort bin,

 wir beide eins sind"

 

Mahatma Gandhi antwortet Albert Einstein

 auf dessen Frage, was er mit dem

Gruß "Namaste" ausdrücken wolle

 

 

Liebe Kontemplation- und Mystik-Interessierte!

 

Nachdem ich den Monatsimpuls im letzten Newsletter des Benediktushofes gestaltet habe,

möchte ich ihn auch hier voranstellen:

Zu den grundlegenden spirituellen Praktiken am Benediktushof und auch der

„Weggemeinschaft Kontemplation und Mystik“ gehört das Verneigen. Viele Dutzend Male

täglich: beim Betreten und Verlassen der Übungsräume, zu Beginn und am Ende des Sitzens

in Stille und des achtsamen Gehens, vor und nach dem Essen, etc.

Für Menschen, die in keiner formalen spirituellen Praxis beheimatet sind und an den Hof

kommen, ist das oft zunächst befremdlich. Was soll das Verneigen? Wozu verneigen?

Vor wem oder was verneige ich mich?

Was also hat es auf sich mit dieser Praxis? Es geht nicht darum, sich klein zu machen oder zu unterwerfen.

Im Gegenteil: Es geht um das Einüben der eigenen Größe und Würde sowie eine

grundsätzliche Lebenshaltung. So möchte ich ein Loblied auf das Verneigen in sieben

Strophen singen, indem ich seine förderliche Wirkung zu beschreiben versuche:

 

1. Verneigen als Unterbrechung und Innehalten:

Das Verneigen ist jeweils an Übergängen platziert: vom Stehen ins Sitzen,

vom Sitzen ins Stehen, vom Stehen ins Gehen, beim Betreten oder beim Verlassen eines Raumes.

Es unterbricht einen absehbaren Verlauf, verschafft mir einen Moment des Innehaltens.

Es lädt mich damit zur bewussten und vergegenwärtigten Anwesenheit ein.

 

2. Verneigen als Fühlungnahme:

Es gewährt mir einen Moment der Fühlungnahme, des Spürens meiner selbst, der inneren

Kontaktaufnahme mit mir und lässt mich verbunden, gegenwärtig, anwesend fühlen.

 

3. Verneigen als Sammlung:

Es lädt mich ein, mich in den Übergängen nicht zu verlieren, kein Schnell-Schnell im Modus

des Autopiloten. Nein, es ist eine Gelegenheit, mich im Gewahrsein einzusammeln.

Es bedeutet Fühlungnahme gegen Veräußerlichung und stellt einen Widerstandsakt gegen

das Funktionieren dar, lädt den Übergang mit Bewusstheit auf.

 

4. Verneigen als Achtsamkeit und Bewusstheit:

Ich lade im Verneigen diesen Augenblick, diesen Übergang mit Achtsamkeit auf,

bleibe anwesend, übe Präsenz ein und vergegenwärtige damit meine Anwesenheit.

Besonders in den Übergängen kommen wir uns im Alltag oft abhanden:

Das momentan Anstehende ist noch nicht abgeschlossen, wir sind jedoch innerlich schon

beim nächsten Termin, dem nächsten Thema oder einer geplanten Begegnung und schon

reißt der Faden der inneren Verbundenheit mit uns selbst und den anderen.

Die Essenz der Kontemplation ist aus meiner Sicht: „Nimm Platz, lass Dich nieder,

richte Dich auf, sei und bleibe da, feiere das Leben!“ Das gilt nicht nur für die formale Praxis

des Sitzens in Stille, sondern ebenso für alltägliche Abläufe. Wie also kann ich anwesend

bleiben in dem, was ist? Unterbrechen, Innehalten, Sammeln,

das Kultivieren von Achtsamkeit und Bewusstheit sind Antworten darauf.

So lädt uns das Verneigen in der formalen Praxis immer wieder zum Aufwachen,

zur Anwesenheit, zur Vergegenwärtigung im Ablauf eines Kurstages ein.

Es stellt also eine Art Prototyp für die alltägliche Gestaltung der Übergänge dar:

Lebenskultur aus der Stille.

 

5. Verneigen als Hingabe und Einordung:

Zum Verneigen gehört eine Dimension, die weit darüber hinaus geht: Ich stelle mich in einen

größeren Zusammenhang und gewahre die Wirklichkeit, die weit über mich hinausreicht.

Dies mag sich beim Betreten des Raumes in der Hinwendung zum Altar und seinen Symbolen

oder in der ungerichteten Verneigung in den Raum hinein ausdrücken.

Damit ordne ich mich in einen umfassenderen Zusammenhang ein,

übe Hingabe an diesen Moment ein und betrete einen Raum, jenseits der Ansprüche an mich,

eigene oder fremde, um das Wunder zu gewahren, welches dieser Augenblick darstellt und das ich selbst bin.

 

6. Verneigen als Erinnerung und Gebet:

Im Verneigen erinnere ich mich dessen, was ich zutiefst bin und was nicht definiert ist durch

mein Gelingen oder Scheitern. Ich erinnere mich meiner – unserer gemeinsamen – wahren Natur,

als einmaliger und unverwechselbarer Ausdruck des Einen.

Damit wird das Verneigen zum Gebet, zur Kommunion und Kommunikation mit der hintergründigen Wirklichkeit,

aus der alles hervorgeht und in die alles zurückkehrt.

 

7. Verneigen als Feier des Lebens:

Verneigen ist somit Ausdruck der Kostbarkeit und Einmaligkeit dieses Augenblicks,

des Wunders des Lebendig-Seins, des Geheimnisses meines Lebens und alles Lebendigen

sowie des Mysteriums der göttlichen Gegenwart in allen und allem.

Womit ich auch das Heilige für mich benamt habe, vor dem ich mich verneige,

ohne dass es diese Benamung oder Ausrichtung benötigt.

Verneigen: Ich stelle mich in die Mitte meines Lebens und vergegenwärtige es in seiner So-Heit.

Verneigen gegen das Vergessen der tiefsten Wirklichkeit, Erinnerung und Vergegenwärtigung. Zelebration – Feier des Lebens.

Schließen möchte ich mit einem Text der Zen-Tradition, der dies für mich ausdrückt:

 

EINE TIEFE VERBEUGUNG

 

Ich werde oft gefragt, wie ein Buddhist die Frage

„Existiert Gott?“ beantwortet.

 

Vor ein paar Tagen ging ich am Fluss entlang. Der Wind wehte.

Plötzlich dachte ich: „O, die Luft existiert wirklich!“

Wir wissen, dass die Luft da ist,

aber solange uns nicht der Wind ins Gesicht weht,

sind wir uns ihrer nicht bewusst.

Vom Winde umweht, wurde mir plötzlich klar, dass sie wirklich da ist.

 

 

Genauso ist es mit der Sonne.

Plötzlich nahm ich die Sonne wahr,

die durch die kahlen Bäume schien.

Ihre Wärme, ihre Helligkeit – alles vollkommen frei,

vollkommen gratis.

Wir können sie einfach genießen.

 

Und ohne es bewusst zu wollen, völlig spontan, legte ich die Hände

gegeneinander und machte „gassho“.

Da wurde mir klar, dass es nur darauf ankommt:

dass wir uns verbeugen, tief verbeugen können.

Nur das, einfach nur das.

 

Rev. Ido Tai Shimano Roshi

 

In diesem Sinne können wir auch das anstehende Jubiläum feiern: dankbar für das Mögliche in diesen zwanzig Jahren der Weggemeinschaft.

 

Zuvor jedoch noch ein anderer Hinweis:

Fr, 15. bis So, 17. September: Kloster Germerode – „klösterlich leben – Gestaltung der Übergänge“,

ein Kurs mit Frauke Leonhäuser und mir mit dem Schwerpunkt auf der

achtsamen Gestaltung der Übergänge im Tagesverlauf.

Infos bei mir oder  www.kloster-germerode.de  Über diese Adresse soll die Anmeldung erfolgen.

Kosten: Kursgebühr incl. Übernachtung und Verpflegung - EZ 192 Euro / DZ 172 Euro.

Sehr schöner Ort mit der alten Klosterkirche aus dem 12. Jahrhundert, spannender Kurs mit Stille,

Vortrag, Erforschung einzeln und in Kleingruppen, Austausch, Ritual.

 

Die Abende der Stille und Kontemplation, donnerstags 19.00 bis 21.00 Uhr, gehen natürlich auch weiter mit den Impulsen zu Geschichten der Weisheit.

Am 21. September wird der Abend der Stille allerdings wegen des Jubiläums ausfallen!

 

Und dann: unsere Jubiläumswoche, vorletzte Einladung dazu an Kurzentschlossene und alle, für die eine Teilnahme doch möglich ist.

 

Der Auftakt:

Donnerstag, 21.9., 20.00 Uhr, Kirche

Hagios Konzert aus der Stille mit Helge Burggrabe

 Meditationszentrum Heilig-Kreuz, Eintritt frei, Spende erbeten

 

Der Jubiläumsvortrag

Freitag, 22.9., ebenfalls um 20.00 Uhr, großer Saal des Meditationszentrums Heilig-Kreuz.

Ich möchte aus Anlass meines persönlichen 30-jährigen Jubiläums Auskunft über das Motto meiner kontemplativen Lehrtätigkeit geben: „Da sein, einfach da sein – Kern aller kontemplativen Praxis“.

 

Das Zentrum des Jubiläums

Samstag, 23.9., Kontemplationstag mit gemütlichem Beisammensein und Ehrungen

(Kontemplationstag 10.00 bis 17.00 Uhr in der Kirche, Beisammensein im großen Saal, offenes Ende).

Am Ende des Kontemplationstages wird es Aufnahme in die langfristige kontemplative Schulung bei mir geben.

Wer dies eh schon überlegt oder gar mit mir besprochen hat, kann da gern noch dazukommen.

Das Abendessen im Rahmen des gemütlichen Beisammenseins wird in alter Tradition wieder gemeinsam gestaltet:

Für Brot und Getränke ist gesorgt und alle sind eingeladen, etwas mitzubringen im Umfang

ihres eigenen voraussichtlichen Verzehrs. Das wird sicher wieder bunt und abwechslungsreich.

 

Die Feier als Abschluss

Sonntag, 24. 09., 14.00 Uhr, Feier des Lebens in der Kirche Heilig Kreuz

mit Ernennung von Kontemplationslehrerinnen.

 

Für alle Veranstaltungen erbitten wir eine Anmeldung auf der Website zur Vorbereitung der Räume und zur Klärung des Platzbedarfs.

 

Beim Konzert und bei der Feier des Lebens wird es die Möglichkeit geben,

auf Stühlen oder am Boden zu sitzen. Herzliche Einladung an bodenerprobte Sitzer,

 dies zu nutzen und nur bei Bedarf auf Stühle zu wechseln.

 

Der Spendenaufruf zum Jubiläum läuft noch bis Ende September:

Bitte zahle Deine Spende ein auf das Konto der Evangelischen Bank.

Kontoinhaber: Zentrum Verkündigung der EKHN

IBAN: DE10 5206 0410 0004 1131 10

Verwendungszweck: Weggemeinschaft Kontemplation und Mystik AOJ0192501 Jubiläumsspende

 

 Ganz wichtig!!!

Einladen und werben. Bitte nutze die nächsten Wochen für persönliche Hinweise auf das Jubiläum.

Entscheide Dich bitte selbst teilzunehmen und jemanden mitzubringen.

Auf der Website findest Du den Jubiläumsflyer zum Herunterladen.

 

Das Handbuch der Weggemeinschaft ist im Druck und wird zum Jubiläum vorliegen,

dort wird es auch erhältlich sein, voraussichtlich ab 20. September auch über die Versandbuchhandlung des Benediktushofes.

 

 

Nun grüße ich in Vorfreude auf unser Jubiläum,

hoffe Dich dort zu sehen und gemeinsam zu praktizieren und zu feiern.

 

Sven