Monatsbrief Mai - Juni 2014
Die Kunst des Dazwischen
Zwischen Gestern und Morgen
Oben und Unten, Himmel und Erde,
Bangen und Hoffen, bewusst und unbewusst,
schon und noch nicht, Ende und Anfang.Im Dazwischen des Kreuzungspunktes:
das ewige Jetzt.
Es kennt kein Werden und kein Vergehen.
Dort kehre ein.
Friedrichsdorf, Quasimodogeniti 2014
Liebe Weggefährtinnen und Weggefährten!
Liebe Kontemplation- und Mystikinteressierte!
Sowohl auf dem therapeutischen Weg als auch auf dem spirituellen Pfad ist eine der Grundfragen, wie ich freiwerde für den gegenwärtigen Augenblick. Muss ich in meiner Lebensgeschichte und ihren daraus resultierenden Mustern gebunden bleiben oder kann ich Befreiung erlangen? Bin ich auf Gefühlsqualitäten, die aus alten Erfahrungen quellen, festgelegt, oder offen für die Kostbarkeit des Augenblicks? Machen mich alte Verletzungen vorsichtig, indem sie mich Schutzmauern aufbauen lassen, die mir die Unmittelbarkeit der Erfahrung erschweren, oder ist der Zugang zur Erfahrung des Wundersamen und Wunderbaren des Lebens offen?
Wenn wir dies genauer erforschen wird zumeist spürbar, wie herausfordernd offene, unstrukturierte Situationen sind. Etwas Altes ist abgelebt, aber das Neue noch nicht da. Eine Berufstätigkeit zu Ende gegangen, aber eine neue Aufgabe noch nicht sichtbar. Eine Bewerbung ist abgegeben, ein Gespräch geführt, aber eine Antwort lässt noch auf sich warten. Diese offenen, unstrukturierten Situationen des Dazwischen sind für viele Menschen mit unangenehm erlebten Gefühlsqualitäten verbunden. Oft gehören Unruhe, Angst, Ohnmacht, Unsicherheit, Neugier dazu. Und es ist gut, diese Qualitäten tief zu erforschen, denn sowohl in der therapeutischen wie in der spirituellen Begleitung ist zu studieren, wie wir versucht sind, diese Situationen vor der Zeit aufzulösen. Und diese „Lösungen“ erweisen sich nicht selten im Nachhinein als schädigend, als unzeitgemäß. Ich reagiere dann auf die unangenehme Gefühlsqualität und nicht aus der Verankerung in der Intuition meines Wesens.
Deshalb kommt der „Kunst des Dazwischen“ so große Bedeutung zu. Kann ich mich im Offenen, Unabgeschlossenen, Ambivalenten niederlassen und mich dem aussetzen? Alle Praxis von Achtsamkeit und Gewahrsein, so auch unser kontemplativer Weg, lehrt diese Kunst, welche gleichzeitig einen großen Teil von Lebenskunst ausmacht.
Dies drückt sich symbolisch im Kreuz aus. Es verbindet all diese Dimensionen und führt sie in seinem Schnittpunkt zu Einheit und Ganzheit. Im Kreuzungspunkt ruht die Ganzheit, die Himmel und Erde, Vergangenheit und Zukunft, bewusst und unbewusst verbindet. Damit wird all dies, was uns, unsere Pläne, Vorhaben, Konzepte und Absichten immer wieder durchkreuzt zur Einladung zur Integration und Ganzheit gebracht. Ganz leibhaftig tragen wir dieses Kreuz doppelt in uns: in der Beckenschale mit der Leibesmitte und im Kreuzungspunkt von Rumpf und Armen mit der Herzensmitte. Und so verweist unser Leib uns immer wieder auf unseren doppelten Ursprung: den irdischen und den himmlischen. Beide Dimensionen sind untrennbar miteinander verbunden. Diese unteilbare Ganzheit zu realisieren, ist die Aufgabe aller spirituellen Wege.
Im Niederlassen und Einkehren im Dazwischen realisieren wir unser tiefstes Wesen. Hier begegnet uns das ewige Jetzt, das weder Geborenwerden noch Sterben kennt. Dort Einzukehren ist heilsam und heilvoll.
Diese Gedanken beschäftigen mich ja bereits seit Ende des letzten Kirchenjahres. Die vergangenen Wochen forderten mich verstärkt heraus, sie vertieft zu erforschen. Wie einige bereits wissen bin ich an Krebs (Prostata) erkrankt und habe mich entschieden, mich Anfang Mai operieren zu lassen. Da die Suche nach Metastasen ergebnislos verlief, habe ich gegenwärtig eine gute Prognose. Genaueres wird sich aber erst nach der histologischen Untersuchung des entfernten Gewebes der OP zeigen. Ich habe mich dazu entschlossen, offen mit der Erkrankung umzugehen.
Insgesamt kann ich sagen: Es geht mir erstaunlich gut. Es ist eine sehr intensive, lebendige Zeit für mich. Diese Nachricht schiebt mich in die Präsenz und Lebendigkeit.
Eine für mich sehr nachhaltige Erfahrung war die direkte Zeit nach der Nachrichtenüberbringung. Es war ein Donnerstag um 19.29 Uhr. Ich wollte gerade aus meinem Büro in den Raum nebenan, in welchem der Abend der Stille und Kontemplation begann. Am Telefon die Nachricht: „ Der histologische Befund ist gekommen (Pause – da wusste ich bereits, was los war). Es wurde doch etwas gefunden. Sie haben ein Karzinom.“ Ich überlegte kurz, ob ich jetzt nach Hause gehe, entschied mich aber für die Kontemplation und ging zum Abend der Stille. Natürlich war es aufwühlend und bewegend. Aber in der zweiten Sitzrunde stellte sich etwas ein, was ich überhaupt nicht erwartet hatte: Ein tiefes Gefühl von Erleichterung, Ermutigung, Erlaubnis. „Junge, jetzt bist du wirklich frei und kannst machen, was du willst“. Nicht in einem oberflächlich-verantwortungslosen Sinn, aber als Erlaubnis für das Wesentliche. Am nächsten Tag habe ich einige Aufgaben abgegeben, die ich eher pflichtschuldig übernommen habe. In diesen drei Wochen seit diesem Abend mache ich immer wieder die Erfahrung, dass ich beim Meditieren in tiefer Stille sitze. Es ist einfach, still, friedlich. Ich bin der Übung sehr dankbar, da sie mir hilft, aus etwaigen Katastrophenphantasien auszusteigen und mich immer wieder im Kreuzungspunkt des „Jetzt“ zu beheimaten. So kann ich gegenwärtig gut Schritt für Schritt gehen und mich im Augenblick niederlassen.
Insgesamt geht es mir erstaunlich gut. Es ist eine sehr präsente, verdichtete, lebendige Zeit mit vielfältigen Erfahrungen.
Vermutlich werde ich am 15. Mai operiert und im Anschluss eine längere Pause haben.
Deshalb bin ich sehr dankbar, dass der Kreis der Assistentinnen und Assistenten die Angebote in dieser Zeit weitertragen wird. Das heißt, dass die Abende der Stille in der gewohnten Weise (nicht an Feiertagen und nicht in den Sommerferien) stattfinden. Ebenso sind die Tage der Stille bis zum Oktober geregelt. Es gibt jedoch eine kleine Veränderung: Der 24. Mai in Langenhain wird den schönen, großen Raum nicht für Kontemplation und Bibliodrama, sondern für Kontemplation und Tanz nutzen.
Ich freue mich sehr, dass die Möglichkeiten zu gemeinsamer Praxis trotz meiner Abwesenheit bestehen bleiben und lade Euch heute herzlich dazu ein.
Christina Wingert-Weber hat sich bereit erklärt, als Ansprechpartnerin und Koordinatorin der Weggemeinschaft in diesen Monaten zu fungieren (Mail: markito(at)arcor.de; Tel. 06192-968887). Herzlichen Dank!
Um die Arbeitsbelastung für Christina begrenzt zu halten die Bitte, sich zu den Tagen der Stille möglichst über die Webpage (www.kontemplationundmystik.de) anzumelden. Im Anhang findet Ihr nochmals das Procedere dafür. Eine Anmeldung ist erst dann erfolgreich von Euch auf den Weg gebracht, wenn Ihr anschliessend eine Bestätigungsmail erhaltet. Bei Problemen schickt gern ein Mail an Günter (guentergleumes-kum(at)gmx.de), oder ruft ihn freitags zwischen 8.00 und 10.00 Uhr (01759363694) an.
Ich werde bald nach der OP voraussichtlich in eine Anschlussheilbehandlung gehen und danach, je nach Behandlungsbedürftigkeit, in einen längeren Urlaub. Ich hoffe, im Herbst wieder zur Verfügung zu stehen und meine Tätigkeiten wieder schrittweise aufzunehmen.
Für alle Zeichen der Verbundenheit in dieser Zeit bin ich dankbar, da sie mir gegenwärtig gut tun und meine Seele nähren - auch wenn ich sie vermutlich nicht einzeln zu beantworten vermag. Insbesondere auch für Euer Gedenken in Meditation und Fürbitte.
In dieser Zeit haben sich Helgard Kündiger (Tel. 06172-390731, Mail helgard.kuendiger(at)evangelisch-hochtaunus.de) und Christina Wingert-Weber (s.o.) zur Verfügung gestellt. Sie werden über mich informiert sein.
1. Abend der Stille und Kontemplation, donnerstags 19.30 – 21.30 Uhr in der salus klinik, Haus C Raum 187.
2. Kontemplationstag am 24. Mai: Kontemplation und Tanz
Hofheim-Langenhain, Ev. Gemeindezentrum Alt-Langenhain 39-41, 10.00 – 18.00 Uhr, Sitzen in der Stille, Tanz und Bewegung, Christiane Hagel und Christa Holzinger
3. Kontemplation intensiv am 28. Juni in der Oase Vitos Hochtaunus im Waldkrankenhaus Köppern von 10.00 – 18.00 Uhr
Sitzen in der Stille, Gehen, kontemplative Mahlzeit, Christina Wingert-Weber und Helgard Kündiger
4. Kontemplationstag im Juli: Kontemplation und Achtsam-friedvolles Gehen am 26. Juli im Waldkrankenhaus Köppern von 10.00 – 18.00 Uhr
Sommerpause ist in diesem Jahr vom 27. Juli – 5. September
Nun wünsche ich Euch eine gute Frühlings- und Sommerzeit, bereicherndes gemeinsames Praktizieren und grüße Euch in Hoffnung und Vorfreude auf ein Wiedersehen
Sven-Joachim Haack
Hinweise zur Anmeldung
Liebe Weggefährtinnen und Weggefährte,
liebe Kontemplations- und Mystik-Interessierte,
Sie haben die Möglichkeit, sich für bestimmte Termine anzumelden.
bitte beachten Sie folgendes bei der Anmeldung zu den Angeboten des Praktizierens und Begleitens:
1. Wenn Sie ein bereits registrierter Nutzer sind
Au dieser Seite können Sie sich mit Ihrem Benutzernamen und Ihrem Kennwort einloggen. Mit Anklicken der gewünschten Veranstaltung können Sie sich dann - freie Plätze vorausgesetzt - schnell & einfach anmelden bzw. auf die Warteliste setzen lassen; im Nachgang zu Ihrer Anmeldung erhalten Sie umgehend per Mail eine Anmeldebestätigung.
2. Wenn Sie noch kein registrierter Nutzer des Anmmeldeportals sind
Wenn Sie sich erstmalig für ein anmeldepflichtiges Angebot der Weggemeinschaft anmelden wollen (insbes. Tage der Stille, Kontemplationskurse, Spirituelle Sterbebeleitung) und die Anmeldung NICHT über das jeweilige Veranstaltungshaus (z.B. Benediktushof u.a.) vorgesehen ist, dann bitten wir Sie, sich im ersten Schritt als Benutzer zu registrieren. Dies gilt insbesondere für die Tage der Stille. Zur Registrierung gelangen Sie hier.
Nach der erfolgreichen Registrierung erhalten Sie eine Mail mit der Bestätigung Ihrer Registrierung, die Sie bitte unbedingt gegenbestätigen (s. entsprechende Hinweise in der Mail).
Technische Fragen
Bei technischen Fragen oder Problemen mit der Anmeldung und/oder der Registrierung, senden Sie bitte eine E-Mail an unseren Administrator.