Monatsbrief März – April 2014

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Der Ton des Seins erklingt ohn` Unterlass,
die Frage ist,
ob ich als Instrument so gestimmt bin,
ihn hören und
durch hindurch klingen zu lassen.

Karlfried Graf Dürckheim

 

 

Liebe Mystik- und Kontemplationsinteressierte!
Liebe Weggefährtinnen und Weggefährten!

Der Ton des Seins erklingt ohne Unterlass, aber die Frage ist,
bin ich als Instrument so gestimmt, ihn hören zu können?

Der Ton des Seins erklingt ohn` Unterlass, die Frage ist,
ob ich so durchlässig bin, mich von ihm durchtönen zu lassen?

Der Ton des Seins erklingt ohn` Unterlass, die Frage ist,
ob ich bereit bin, oder ob die Angst meines Lebens mich verschließt?

Der Ton des Seins erklingt ohn` Unterlass, die Frage ist,
ob ich mich von ihm öffnen lasse, um mich dem Leben hinzugeben?

Der Ton des Seins erklingt ohn` Unterlass, die Frage ist,
ob ich bereit bin, alte Bilder zu lassen, um in die offene Weite der unmittelbaren Erfahrung hinein zu sterben?

Der Ton des Seins erklingt ohn` Unterlass, die Frage ist,
ob ich berührbar bin, bereit zu neuem Ruf ins Leben?

Der Ton des Seins erklingt ohn` Unterlass.

Dem dient unser Praktizieren, unser Üben, unsere Einübung der Stille. Worauf also bin ich gestimmt? Worauf lausche ich? Was klingt in mir?

Mir scheinen dies Grundfragen allen spirituellen Praktizierens. Kann ich über meine Verkrustungen, Vernarbungen, meine Muster und personalen Dispositionen hinausreifen, um durch mein Dasein von einer umfassenderen Wirklichkeit zu zeugen. In der Sprache Karlfried Graf Dürkheims: Kann ich transparent für die immanente Transzendenz, durchlässig für das überweltliche Sein im Alltäglichen, für mein Wesen werden?

Zeugen kann ich aber nur von dem, was mich durchdrungen hat. Es geht also weniger um ein Behaupten oder Glauben, sondern um Erfahrung dieser Wirklichkeit.

So gehört zum Weg unverzichtbar, dass ich immer feiner wahrnehme, wie ich Widerstand gegen das Leben leiste, wo Angst mein Erleben und Verhalten bestimmt, ich in Mustern und Gewohnheiten gefangen bin und damit der unmittelbaren Erfahrung ausweiche. Dies ist oft ein langer, phasenweise frustrierender Weg, der manchen zu dem Satz führt: „Hätte ich das gewusst, ich hätte es mir zweimal überlegt.“ Und doch sind diese Erfahrungen Zeichen des Fortschreitens auf dem Weg. Nochmals Graf Dürckheim: „Woran erkennt man den Fortschritt auf dem Weg? Daran, dass ich mich fühle, als wäre ich noch nie auch nur einen Schritt darauf gegangen“. Immer wieder ganz am Anfang. Aber gerade dieser Anfängergeist ist es, der die innere Verwandlung antreibt.

Das mich Aushalten auf dem Kissen, Bänkchen, Hocker oder Stuhl, das immer feinere Gewahren auch diskreter Anspannung, welche leibhaftige Durchlässigkeit be- und verhindert und die treue, liebevolle, barmende Rückkehr zu meiner Übung nährt die Durchlässigkeit. Damit wird mir der Ton des Seins vernehmbarer. Es wird etwas spür- und erfahrbar von der Kostbarkeit des Augenblicks, dem Wunder des Lebendig Seins,  dem Geheimnis des Lebens und der göttlichen Gegenwart in allem. Das ist die Qualität der Auferstehung, des neu Werdens des Lebens in jedem Augenblick, die wir an Ostern feiern.

Unser Kontemplationstag im März wird neben dem Sitzen in der Stille gerade auch dem Erkunden innerer (Klang-) Räume, dem Tönen und damit der Arbeit an der Durchlässigkeit dienen. Unser Wort „Person“ geht zurück auf das lateinische „personare“, was in einer Bedeutung „hindurchtönen“ meint. Was also will durch mich hindurch ins Leben kommen, was nur ich – individuelle und unverwechselbar dem leben zu geben vermag? Wie also kann das göttliche Sein durch mich hindurchklingen? Denn gerade dies macht mich zur wahr- haftigen, stimmigen, authentischen Person. Und hier sind personale und transpersonale Dimension kein Gegensatz: Person werde ich gerade durch die Durchlässigkeit für mein Wesen. Wir bleiben als Menschen doppelten Ursprungs: des Himmels und der Erde. Beides verbindet sich in uns: Oben und Unten, bewusst und unbewusst, vorn und hinten, Gegenwart und Vergangenheit werden im Kreuzungspunkt zum Einen. Das ist das Geheimnis des Kreuzes, welches uns aus der Eindimensionalität in die Fülle des Seins führt.

Dies Begehen und Feiern wir in diesen Passionswochen, der Karwoche und an Ostern.

Herzliche Einladung zu gemeinsamen Praktizieren:

1. Jeden Donnerstag: Abend der Stille und Kontemplation
19.30 – 21.30 Uhr, salus klinik, Haus C Raum 187
Gebärde, Hinführung zu Stille, Sitzen in der Stille, Rezitation, Wegweisung der Stille, Abendritual. Hierzu ist keine Anmeldung erforderlich                                                                                                            

2. Kontemplationstag am 22. März: Kontemplation und Klang
10.00 – 18.00 Uhr, Vitos Waldkrankenhaus Köppern, Emil-Sioli-Weg 1-3, Landhaus 3
Sitzen in der Stille, achtsam-friedvolles Gehen, Leibspürübung, Tönen, Möglichkeit zum Einzelgespräch, Vortrag, Abschlussritual, Mahlzeit

3. Weiterbildung Spiritualität in der Sterbebegleitung am 29. März
(feste Gruppe)

4. Kurzeinführung in die Kontemplation am 2. April 2014
17.30 Uhr - 18.30 Uhr, salus klinik Raum C 187

Zukünftig wird es monatlich eine einstündige Kurzeinführung in die Kontemplation geben. Diese findet mittwochs in der salus klinikstatt. (Beschilderung Klinikseelsorge)

5. Assistenten-Treff am 9. März um 18.30 Uhr (feste Gruppe)

6. Friedrichsdorfer Gespräch Spiritualität und Heilung am 10. April 20.00 Uhr in der salus klinik:
Fernand Braun, Mitgefühl ist meine schlichter Glaube und meine wahre Religion
Fernand Braun, der Nachfolger von Willigis Jäger in der Kontemplation wird zu Gast sein, um uns seine Sicht der Kontemplation und des spirituellen Weges darzustellen. Darüber freue ich mich sehr!

7. Kontemplationstag am Tor zur Karwoche, 12. April 2014
10.00 – 18.00 Uhr
Dieser traditionelle Kontemplationstag dient dem stillen Eintritt in die Karwoche, um dem Geheimnis von Sterben, Tod und Auferstehung nahezukommen. Vitos Waldkrankenhaus

8. Karwoche und Ostern auf dem Benediktushof vom 15. – 20. April
Leitung: Willigis Jäger, Fernand Braun, Beatrice Grimm und ich. Christina Wingert-Weber wird als eine der Assistentinnen mitwirken. Sitzen in der Stille, Agapefeier am Abend des Gründonnerstag, Feier zur Sterbestunde und Osternachfeier. Anmeldung direkt auf dem Beneditkushof.

9. Mitsingkonzert: Soviel Himmel – Susanne Mössinger und Klaus Nagel am Freitag, den 25. April um 19.00 Uhr in der salus klinik
Zum wiederholten Male ist das Duo „So viel Himmel“ zu Gast in Friedrichsdorf. Einfache, mantrische Lieder zum Mitsingen oder Zuhören aus unterschiedlichen Kontinenten und Traditionen.

10. Dreijähriges Kontemplations-Training vom 29. April – 4. Mai auf dem Beneditkushof
(feste Gruppe)

11. Kurzeinführung in die Kontemplation am 7. Mai

 

Nun wünsche ich einen guten Weg durch die Passionswochen und hin zum Fest des Neuwerdens des Lebens, welches uns lehrt, dass unser wahres Wesen weder Geboren werden noch Sterben kennt.

In Vorfreude auf weiteres gemeinsames Üben und weitere Weggemeinschaft grüße ich herzlich

                                                                                                          Sven-Joachim Haack