Monatsbrief August - September 2012

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Friedrichsdorf, am Ferienende

Die Kunst des Dazwischen

Zwischen Gestern und Morgen,

Oben und Unten,

Himmel und Erde,

Bangen und Hoffen,

bewusst und unbewusst,

Schon und Noch-Nicht,

Ende und Anfang.

Im Dazwischen

des Kreuzungspunktes:

das ewige Jetzt.

Es kennt

kein Werden und kein Vergehen.

Dort kehre ein.

                    

Liebe Kontemplations- und Mystkinteressierte,
           Liebe Weggefährtinnen und Weggefährten!

Am Ende der Sommerpause schreibe ich zum Auftakt des zweiten Halbjahres und lade herzlich zu weiterer gemeinsamer Praxis der Stille und Weggemeinschaft ein.

Über diesen Sommer beschäftigte mich die Kunst des Dazwischen. Etwas Altes geht zu Ende, aber das Neue ist noch nicht da. Eine Idee ist gereift, es ist alles getan und jetzt heißt es warten. Eine Untersuchung ist gemacht, der Befund noch nicht da. Die Schulzeit beendet, aber noch keine Zusage für das gewünschte Studium erfolgt. Das Erleben, dass Altes nicht mehr trägt und das Neue noch nicht erschienen ist. Diese Erfahrungen bringen uns dann oft mit dem Erleben von Ohnmacht in Kontakt. Da diese so schwer aushaltbar erscheint, entwickeln wir zumeist große Kreativität im Erfinden von Strategien, diesem „Dazwischen“ auszuweichen: Planen, wo es nichts zu planen gibt, Ablenkung und Betäubung vielfältiger Art, Schuldzuweisungen, Ideologisierungen und Vieles mehr. Ich bin wirklich beeindruckt, wie erfinderisch mein Geist ist, auf noch so subtile Art und Weise dem Dazwischen auszuweichen.

Nun haben alle diese Strategien eines gemeinsam: sie bringen uns aus dem Kontakt mit dem, was ist und kreieren eine scheinbare Wirklichkeit. Der Preis, den wir dafür zahlen, besteht im Verlust unserer Lebendigkeit, des Zugangs zu unserem Herzen und zu unserem wahren Wesen. Dies tief zu erforschen, ist heilsam.

Die Praxis der Stille hilft uns, uns im Dazwischen niederzulassen. Auch beim Sitzen in der Stille ist die Versuchung groß, innerlich wegzugehen, mich innerlich aus dem Staub zu machen, obwohl ich auf dem Kissen sitze. Und doch: die beharrliche Übung lässt meinen inneren Raum der Präsenz wachsen. Damit wächst die Fähigkeit innerlich zu bergen, was mir zuvor unerträglich, inakzeptabel und unangenehm erschien. Meine Fähigkeit, die Identifizierung damit aufzulösen, wächst. Spirituell wird dies als Überschreiten des „Ich“ oder als „Sterben des Ich“ oder „Ich-Tod“ beschrieben.

Das Wundersame und Wunderbare aber ist, dass sich mit dem Niederlassen im Dazwischen ein Tor öffnet. Es führt in die Erlebensqualitäten der Stille, Weite, der Leere, der tiefen Einsicht, bis hin zu den Erfahrungen der Einheit und unseres wahren Wesens. Dieses Niederlassen und Verweilen im Dazwischen ist ein guter Teil der kontemplativen Praxis.

Sowohl mich selbst als auch unsere Weggemeinschaft erlebe ich in einem solchen Dazwischen. Natürlich beschäftigt mich die Frage nach dem Zustandekommen des dreijährigen Trainings. Ich wünsche es mir. (Über den Sommer hat sich die Hälfte der für das Zustandekommen notwendigen Anmeldungen angesammelt. Bis 20.9. bitte mit der formalen Anmeldung der Broschüre an mich) So oder so aber wird es Veränderungen nötig machen. Ebenso gaben mir ja einige Anteil an ihrem Ringen und dem Dazwischen vor der Entscheidung, ob eine Teilnahme daran für sie gegenwärtig sinnvoll ist. Und auch die Befürchtungen von Menschen, die sich aus guten Gründen gegen die Teilnahme entschieden haben und sich fragen, wo ihr Platz in unserer Weggemeinschaft zukünftig sein wird. So wird es ein vielfach spannendes Halbjahr werden. Niederlassen in dem, was ist und dem Raum geben, was sich zeigen will, um zu individuellen und gemeinsamen guten Wegen zu kommen, scheint mir die Herausforderung dazustellen.

Dem wollen die folgenden Angebote zu gemeinsamer Stille-Praxis dienen:

1. Erster Abend der Stille und Kontemplation nach der Sommerpause: 16. August

Ab diesem Donnerstag wieder wöchentlich von 19.30 – 21.30 Uhr in der salus-klinik im Raum C 187. Einstimmung durch Gebärde, Tanz oder Leibspürübung, Sitzen in der Stille, Abendritual. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, die Teilnahme frei.

2. Kontemplationstag am 25. August: Kontemplation intensiv

Von 10.00 - 18.00 Uhr in der Oase des Vitos-Waldkrankenhauses in Köppern, Landhaus 3 im Erdgeschoss. Anmeldung erforderlich.

Dieser Tag bietet wieder die Gelegenheit zur Vertiefung der Praxis. Sitzen, strenges Stillschweigen, Mahlzeit im Raum der Stille, Gehen im Freien, Vortrag und Ritual.

3. Kontemplationskurs auf dem Benediktushof vom 28. August – 2. September         Kontemplation im Sitzen, Gehen, Laufen

Ein Kurs, der insbesondere die Übergänge betont. In den vielfältigen Übergängen eines Tages können wir entweder verlorengehen oder Achtsamkeit und Gewahrsein einüben. Der Kurs ist offen und setzt keine Vorkenntnisse und Fähigkeiten im Sitzen in der Stille oder Laufen voraus.

4. Einführungskurs Kontemplation vom 16. – 18. September im Benediktushof

Alle, die noch keinen Einführungskurs gemacht haben sei dieser Kurs empfohlen. Zwei Tage der dezidierten Einführung. Ebenso stellt dieser Kurs das erste Orientierungsangebot für das dreijährige Training dar. Hier kann das notwendige Vorgespräch geführt werden.

5. Achtung: Das Friedrichsdorfer Gespräch am 19. August „Kraftquelle inneres Kind“ entfällt wegen Erkrankung der Referentin.

Hoffentlich kann es im nächsten Jahr nachgeholt werden.

Eine Bitte:
Der Kontemplationskurs im November im Haus der Stille ist ausgebucht. Allerdings könnten fünf große Zimmer als Doppelzimmer eingerichtet.
Wer kann sich dies vorstellen (evtl. sogar: mit wem zusammen)?

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir dadurch die Platzkapazität des Hauses damit voll nutzen könnten. Bitte baldmöglichste Rückmeldung an mich. Vielen Dank!

Vorschau:

29.09.: Kontemplationstag Kontemplation und Bibliodrama in Hofheim Langenhain

31.10.: Jahresvortrag der Initiative: Versöhnung mit sich selbst und anderen – dem Frieden eine Chance geben

Nun wünsche ich einen guten Start in die Zeit nach den Ferien, denjenigen, die jetzt in Ferien fahren erholsame Zeit und freue mich auf ein Wiedersehen und gemeinsame Praxis der Stille

Sven-Joachim Haack